Gisbert Hemprich: Rí Érenn – »König von Irland« – Fiktion und Wirklichkeit
Teil 1: Oberherrscher und Oberherrschaft in Irland
Teil 2: Texte und Übersetzungen, Register
Bonner Beiträge zur Keltologie, Band 2
Softcover, ca. 980 Seiten, zwei Teilbände in deutscher Sprache.
95,00 Euro (inkl. 7% MwSt.) zuzügl. Porto
-------- Hier finden Sie einige Auszüge aus dem Buch ! (rechte mouse-taste: speichern als …)
Download: Corrigenda für die zweite Auflage (rechte mouse-taste: speichern als …)
Die ríg Érenn – die ›Könige von Irland‹ – sind nicht die „normalen“ Regional- oder Provinzialkönige Irlands, sondern irische Oberherrscher, deren Macht sich über die ganze Insel erstreckt, oder die zumindest den Anspruch darauf erheben. Zwar ist der Rang als Oberherrscher bei einigen von diesen in den Quellen belegt, bei anderen aber umstritten.
Die Tradition weist den ríg Érenn eine Kontinuität zu, die von der mythologischen Vorgeschichte bis ins 13. Jahrhundert reicht. Ungeachtet der Tatsache, dass neben den Pergament-Codices auch Inschriften, Gravuren und Urkunden Zeugnis über die ríg Érenn ablegen, vermag niemand mit Sicherheit zu sagen, wo genau die Grenze zwischen fiktiven, mythischen und historischen Königen zu ziehen ist.
Im vorliegenden Buch werden insgesamt 279 Könige und drei Königinnen untersucht. Damit werden erstmals lückenlos alle Herrscher erfasst, die jemals mit dem irischen Oberkönigtum in Verbindung gebracht wurden.
Irische Oberherrscher spielen in fast allen irischen Texten und Textgattungen eine Rolle, denn es ist die wirkmächtige Idee des Oberkönigtums, die den Reichtum und die Langlebigkeit der irischen mittelalterlichen Überlieferung bedingt hat. Besondere Bedeutung kommt hierbei den zahlreichen, oft sehr langen historiographischen Gedichten zu, deren inhaltliche Variationen auf die mündliche Tradierung durch unterschiedliche Schulen schließen lässt.
Indem alle relevanten Schriftzeugnisse im ersten Band besprochen und zusätzlich viele davon im zweiten Band ediert und übersetzt werden, erhält der Leser einen Überblick über fast die gesamte irische Überlieferung, insbesondere die vielfältigen Querbezüge und Ableitungen innerhalb des mittelalterlichen Wissenskanons. Das macht die vorliegende Studie zu einem einzigartigen Nachschlage- und Referenzwerk.
Das Buch richtet sich nicht nur an Keltologen, sondern auch Mediävisten und Historiker, sowie Leser mit vertieftem Interesse an der mittelalterlichen Geschichte Irlands.
Zum Inhalt
Die Réim rígraide oder ›Sukzession der Könige‹ handelt von den Herrscherperioden der ríg Érenn (›Könige von Irland‹), denen die Macht über die ganze Insel Irland und über die mächtigen Provinzialkönige sowie die ihnen untergeordneten Volkskönige zugeschrieben wurde.
Ursprünglich war der Réim rígraide-Text ein unabhängiges Traktat des Mittelalters, wurde aber schon früh zum Anhang des so genannten Lebar gabála (›Buch der [Land-] Nahme [von Irland]‹). Damit wird jenes Traktat bezeichnet, das Auskunft über die verschiedenen prähistorischen Besiedelungen Irlands gibt. Das Réim rígraide-Traktat besteht aus zwei Teilen, wovon der erste Teil die heidnische Periode abdeckt, der zweite die christliche Epoche seit der Bekehrung Irlands durch den hl. Patricius im 5. Jahrhundert. Die Sukzession der Oberherrscher endet im 12. Jahrhundert und umfaßt eine fiktive Gesamtdauer von 3120 Jahren.
Die vorliegende Untersuchtung geht davon aus, daß Réim rígraide als ein Produkt der mittelalterlichen Gelehrtenkultur in weiten Teilen fiktional ist, entwickelt im Kontext der elaborierten christlichen Schriftkultur Irlands. De facto wird es erst zu Beginn des 11. Jahrhunderts Herrscher gegeben haben,
auf die der Terminus ríg Érenn zurecht angewendet werden könnte, legitimiert aufgrund der realen historischen Machtverhältnisse.
In der vorliegenden Studie werden insgesamt 279 Könige und drei Königinnen untersucht, womit erstmals die komplette Liste all jener Herrscher in Augenschein genommen wird, die jemals in den Quellen mit der irischen Oberherrschaft in Verbindung gebracht wurden.
Wenn es aber bei den ríg Érenn mehr um fiktive statt um reale Machtverhältnisse geht, kann die Entwicklung des Nameninventars von Réim rígraide folglich in derselben Weise untersucht werden, wie andere literarische Produkte auch. Das bildet die grundsätzliche Herangehensweise der vorliegenden Studie in ihrem ersten Teil.
Hier werden die verschiedenen Réim rígraide-Texte, ihre Genese und Modifikationen untersucht. Im Mittelpunkt steht der Prozeß der Kanonisierung des Nameninventars, abgeleitet von den Unterschieden und Widersprüchen, die beim Vergleich der älteren mit den jüngeren Réim rígraide-Texten zutage treten.
Irische Oberherrscher spielen in fast allen irischen Texten und Textgattungen eine Rolle. Tatsächlich ist es die wirkmächtige Idee des Oberkönigtums selbst, die letztlich den Reichtum und die Langlebigkeit der irischen mittelalterlichen Überlieferung bedingt hat. Besondere Bedeutung kommt hierbei den zahlreichen, oft sehr langen historiographischen Gedichten zu, deren inhaltliche Variationen auf die mündliche Tradierung durch unterschiedliche historiographische Schulen zurückgehen.
Um die Übersicht über die komplexe Beleglage zu erleichtern, wird zu Anfang des ersten Bandes ein „Wegweiser zu den Quellen“ geboten, sowie am Ende des ersten Bandes Tabellen und Konkordanzen zur Verfügung gestellt.
Die erste Konkordanz verfolgt das Auftreten der ríg Érenn in den verschiedenen Réim rígraide-Texten.
Die zweite Konkordanz weist das Vorkommen der ríg Érenn in den verschiedenen Annalen nach.
Die dritte Konkordanz betrifft Cóir anmann, die Sammlung von Etymologien der Namen,
und die vierte das Dinnshenchas-Corpus.
Die letzte Tabelle listet den Inhalt des sog. Buches von Leinster auf und gibt Hinweise auf dessen Relevanz in Hinblick auf die Idee der irischen Oberherrschaft.
Obgleich bereits eine beträchtliche Zahl von Editionen und Studien zu Lebar gabála und Réim rígraide erschienen sind, blieben einige wichtige Réim rígraide-Texte unediert oder liegen nur in unbefriedigender Form vor. Im zweiten Band werden einige davon ediert, analysiert und übersetzt.
Texte und Editionen in Band II
-
Die Míniugud-Rezension des Lebar gabála in der Handschrift Rawl. B 512 (fol. 90vb14 U.), welche die heidnische Epoche abdeckt, zusammen mit der hinzugefügten Liste der christlichen ríg Érenn.
-
Die mittelirische Übersetzung des lateinischen Beginns der Míniugud-Rezension in Rawl. B 512 (fol. 97va14–23).
-
Das altirische Narrativ Compert Conchobuir in Rawl. B 512 (fol. 100vb22–37), das die textuelle Umgebung für eine Referenz auf Lebor Gabála Glinne Dá Locha (›Buch der Landnahme Irlands aus Glendalough‹) ist.
-
Die unvollständige Míniugud-Rezensionin der Handschrift Rawl. B 502 (135[74r]a1–136[74v]b34).
-
Der als Einführung dem genealogischen Corpus vorangestellte altirische Text beginnend Diluvium factum est in BB (pag. 67a1–30) und Lc (fol. 53r[127]a1–35), der sich mit dem Ursprung der Gälen beschäftigt.
-
Die Einführung zum genealogischen Text Senchas Síl Érimóin sowie die Listen der ríg Érenn in den HSS Rawl. B 502 (136[74v]b35–137[75r]a22) und Laud Misc. 610 (fol. 75va17–32 and fols. 111va1-112ra11).
-
Die Einführung zum genealogischen Text Senchas Síl Érimóin in BB (pag. 67a31–c43) und Lc (fol. 53r[127]a36–c36), gedruckt als Paralleltext.
-
Ein kurzer Text über diejenigen Könige der Cruthin (Pikten), die als ríg Érenn angesehen wurden, in der Handschrift UM (fol. 67[15]ra32–62).
-
Zwei Réim rígraide-Gedichte, beginnend Cia lín don rígraid ráin ruaid und Sé ríg déc Éogain an:all, Rawl. B 502 (pag. 137[75r]a23–b14).
-
Zwei unedierte Réim rígraide-Gedichte über die Oberherrscher vom Stamm der Lagin, beginnend Cóic ríg tríchat do Laignib und Secht ríg do Laignib na lerg in Rawl. B 502 (pag. 83[48r]a34–b2).
-
Ein kurzer Text aus der Handschrift G2 (fol. 20ara1–10), der die hohe Zahl angeblicher ríg Érenn von den Lagin in Zweifel zieht.
-
Die bisher unbeachtet gebliebene Réim rígraide in der Handschrift UM (fol. 25r[2]a29–b56), die nur die christlichen Oberherrscher abdeckt. Dieser Text gehört zu Rez3 von Lebar gabála. Ihm geht eine verderbte Variante des Gedichts Cét-rí ro.gab Érind uill voran (UM, fol. 25r[2]a1–28). Der Réim rígraide-Text endet mit Éri óg inis na náem, der metrischen Fassung von Gilla Mo Dutu (UM, fol. 25r[2]b56–vb62).
-
Das Gedicht Cét-rí ro.gab Érind uill in Rawl. B 502 (pag. 163[88r]a1–28) und BB (pag. 79a24-b1), gedruckt als Paralleltext.
-
Die bisher unbeachtet gebliebenen Stammbäume der irischen Oberherrscher in der Handschrift UM (fol. 26v[3]a34–27v[4]a34) mit den variae lectiones von G2 (fol. 1ra1–8ra10).
-
Das bislang unedierte historiographische Gedicht Érimón is Éber ard, frühe (und verderbte) Fassung, zweimal in der Handschrift Lc enthalten (fol. 14v[50] b43–15v[52]b8 & fol. 33r[87]a11–33v[88]b33), gedruckt als Paralleltext.
-
Das bislang unedierte historiographische Gedicht Érimón is Éber ard, späte Fassung, enthalten in der Handschrift 23 K 32 (pag. 125–29) aus dem 17. Jh.
-
Das historiographische Gedicht Ríg Temra dia.tesband tnú, Flann Mainistrech (10./11. Jh.) zugeschrieben, bewahrt in den Handschriften Lc (fol. 15v[52]b8–16r[53]a35) und LL (pag. 131b35–132b5), gedruckt als Paralleltext.
-
Das historiographische Gedicht Ríg Temra tóebaige iar tain, die Fortsetzung des ebengenannten Gedichtes, in den HSS Lc (16r[53]a36–16v[54]b39) und LL (pag. 132b6-133b11), gedruckt als Paralleltext.
Dieser Artikel wurde am Samstag 04 Februar, 2012 im Shop aufgenommen.